Surya Bedhana – die Sonnenatmung

Sonnenaufgang am Kandel, Schwarzwald, Foto Anne Christoph

Die Sonne – Symbol für Wärme, Leben, Energie. Sie wird mit der Yang Energie assoziiert, mit Dynamik, Aktivität, Aufbruch, Handeln. Manchmal fehlt sie uns in unserem Leben – wir fühlen uns schwach, kraftlos, mutlos.

Die aktuelle Situation in dieser Pandemie mit all den Unsicherheiten und fortwährenden Einschränkungen könnte zu einem solchen Zustand führen – aber wir sind einer Situation niemals hilflos ausgeliefert. Wir haben immer eine Wahl. Können wir eine Situation nicht verändern, gibt es Möglichkeiten, gut mit ihr umzugehen.

Dazu können wir die Sonnenenergie in uns mit einer Atemübung aktivieren, mit Surya-Bedhana, der Sonnenatmung. Sie wirkt aktivierend, energiespendend und wärmend. Sie verbindet uns direkt mit dem Sympathikus, dem Teil unseres autonomen Nervensystem, das für Aktivität und Handeln steht. Dabei atmest du durch das rechte Nasenloch ein und durch das linke aus, genau umgekehrt wie bei Chandra Bedhana, der Mondatmung.

Wann setze ich Surya Bedhana ein?

Surya Bedhana hilft bei Müdigkeit,Erschöpfung, Kraftlosigkeit und bei Kältegefühl. Sie kann bei Ängsten und innerer Unruhe eingesetzt werden, wenn der Geist ständig hin und her springt und nicht zur Ruhe kommt. Sie wirkt aktivierend, zentrierend und wärmend.

Aber spür genau in dich hinein. Wenn deine Müdigkeit oder Kraftlosigkeit auf Schlafmangel oder schwächende Umstände in deinem Leben beruht, kann es besser sein, dir einfach mal Ruhe zu gönnen oder deine Lebensumstände zu überprüfen. Yoga ist kein Doping und kein Allheilmittel. Die Übungen sollten mit Verstand eingesetzt werden, dann können sie dich wundervoll auf einem achtsamen Lebensweg begleiten.

Surya Bedhana – so geht’s

Setz dich bequem und mit entspanntem aufrechtem Rücken hin. Gerne auf deinem Meditationskissen oder im Fersensitz auf dem Boden, auf einem Stuhl oder auf einem Hocker. Zieh das Kinn leicht in Richtung Hals, sodass der Nacken lang wirdund lockere die Schultern.

Wenn du bequem sitzt, spür erst einmal in deinen Körper hinein. Wo fühlt er sich gut an, entspannt, leicht? Wo fühlst du dich verspannt, eng, schmerzhaft?

Gib dir einen Moment Zeit, dich mit deinem Körper zu verbinden. Vielleicht spürst du jetzt schon, wie du klarer und zuversichtlicher wirst und wie sich deine Atmung vertieft.

Klapp dann den Zeige- und Mittelfinger deiner rechten Hand nach innen und leg sie auf den Daumenballen. Daumen, Ringfinger und kleiner Finger sind abgespreizt. Das ist das Vishnu Mudra, eine Handhaltung, die ausgleichend wirkt.

Verschließe das linke Nasenloch mit Ringfinger und kleinem Finger und atme durch das rechte Nasenloch ein. Verschließe dann das rechte Nasenloch mit dem Daumen und atme durch das linke Nasenloch aus. Atme durch das rechte Nasenloch wieder ein, während du das linke mit Ringfinger und kleinem Fingerverschließt und atme durch das linke dann aus, während du das rechte Nasenloch mit dem Daumen verschließt.

Also: immer rechts einatmen, links ausatmen. Praktiziere das für 2-3 Minuten oder länger, wenn du das Gefühl hast, dass dir längeres Üben gut tut.

Schau, dass Ein- und Ausatmen ungefähr gleich lang bleiben. Mit der Zeit wirst du spüren, wie es dir wärmer wird und sich eine gute Energie in dir ausbreitet. Genieße diese aktive Energie und setze sie in gute Handlungen um.

Tropenmuseum - Shiva Nataraja (6274-1)
Tanzender Shiva, Foto Michele Ahin, flickr.com

Achtung!

Diese Atemübung wirkt anregend. Hast du Probleme mit erhöhtem Blutdruck, könnte diese Übung schädlich für dich sein. Spür genau in dich hinein und besprich dich mit deiner/m Yogalehrer*in, ob Surya Bedhana für dich geeignet ist.

Bie Fieber sollte Surya Bedhana nicht geübt werden. Auch in den Wechseljahren kann diese Übung evtl. zu anregend sein. Vielleicht hilft da die Mondatmung, Chandra Bedhana besser.

Eine bereits vorhandene gereizte oder aggressive Grundstimmung kann durch die Sonnenatmung verstärkt werden. Auch in diesem Fall ist Chandra Bedhana wahrscheinlich besser geeignet.