Colchicum autumnale
Mit ihren zarten lilafarbenen Blüten, die im Spätsommer und zum Herbstbegin auf feuchten Wiesen und an Böschungen auftauchen, erinnert die Herbstzeitlose an einen Krokus. Sie wirkt zerbrechlich – und ist doch eine der giftigsten Pflanzen in Mitteleuropa. Daher gilt: auf keinen Fall pflücken! Anschauen und Bewundern ist erlaubt, Berühren verboten!
Und die Herbstzeitlose ist auch eine seltsame Pflanze. Sie scheint völlig gegen den natürlichen Rhythmus zu wachsen. Sie blüht im Herbst, wenn alle anderen Pflanzen Früchte oder Samen ausgebildet haben und bringt ihre Blätter und Samen im Frühling hervor, wenn die meisten anderen Pflanzen zu blühen beginnen. Deshalb hat sie schon immer die Phantasie der Menschen angeregt: was ist das für eine Pflanze, die so ganz anders wächst und Früchte bringt?

Herbstzeitlose, Blüte im September aufgenommen, um die Blüten herum Blätter von Giersch und Brombeere
Ihren Ursprung verdankt sie nach der griechischen Mythologie Medea, der Zauberkundigen aus Kolchis. Um den alten Vater ihres Geliebten Jason zu verjüngen, kochte sie einen Zaubertrank aus verschiedenen Kräutern. In diesem Sud kochte sie den zerstückelten Vater des Jason und setzte ihn danach als Jüngling wieder zusammen. Dabei fielen einige Tropfen auf die Erde und daraus wuchs die Herbstzeitlose.
Im Altertum wurde die Herbstzeitlose als Gichtmittel eingesetzt. In der europäischen Volksheilkunde wurde sie gegen Warzen, Krebsgeschwüre und als Abwehrmittel gegen die Pest verwendet.
Inzwischen wird sie in der Naturheilkunde nur noch in potenzierter Form als homöopathisches Mittel entsprechend des Ähnlichkeitsgesetzes verordnet.
In der modernen Medizin hat sie immer noch einen festen Platz als verschreibungspflichtiges Medikament bei Gicht und verschiedenen anderen Erkrankungen.
In der Blumensprache gilt sie als Symbol der Unkeuschheit, der Name nackte Jungfer weist darauf hin. Die Blume galt als zu faul, um ihre Nacktheit zu bedecken.
Astromedizinsch wird sie Saturn bzw. inzwischen Pluto zugeordnet.
Der Name
Ihr botanischer Name Colchicum leitet sich von Kolchis, einem antiken Königreich zwischen Kaukasus und Schwarzmeerküste ab.In Kolchis soll sich ein Heil- und Giftpflanzengarten befunden haben, in dem auch die Herbstzeitlose wuchs. Autumnale weist auf die Blütezeit der Pflanze im Herbst hin.
Auch der deutsche Name Herbstzeitlose verweist auf das Erscheinen der Blüte im Herbst. Zeitlos bezieht sich auf den untypischen Wachstumszyklus der Pflanze: die Blüte erscheint ohne Blätter im Herbst, Blätter und Frucht zeigen sich im Frühling und Frühsommer.
Andere Namen der Herbstzeitlosen sind u.a. Giftkrokus oder Teufelswurz, Nackte Jungfer, faule Grete, Giftzwiebel, Ziegentod, Leichenblume, Lauskraut.
Beschreibung
Die Blüten sind kelchförmig, meist hellviolett oder rosa, manchmal auch weiß. Sie stehen einzeln auf der blütenstielähnlichen Blühröhre, die direkt aus der 15-20 cm tief sitzenden Zwiebel entspringt. Die Blütezeit reicht von August bis Oktober.
Da zur Blütezeit der Herbstzeitlosen oft nur noch wenige Insekten unterwegs sind, hat sie die Fähigkeit zur Selbstbestäubung entwickelt, indem die Staubfäden über die Narbe hinauswachsen, um sich dann in Richtung der Narbe zu krümmen. Nach der Bestäubung wandert der Pollen zu den unterirdischen Fruchtknoten, die sich in der Zwiebelknolle befinden. Dort findet dann im tiefsten Winter die Befruchtung statt. Im Frühjahr wächst die Samenkapsel mit drei länglichen Blättern zum Licht empor. Nachdem die Blätter im Mai verwelkt sind, sind die schwarzen Samen im Juni ausgereift in der dann dürren Samenkapsel zu finden.
Die Pflanze erreicht eine Höhe von etwa 10 bis 30 cm.
Die Blätter können mit den Blättern des Bärlauchs verwechselt werden, wodurch es schon zu Todesfällen kam.
Typische Vergiftungssymptome sind Übelkeit, Erbrechen, Tenesmen, Koliken und Diarrhoen sowie Leukopenie oder Herzarrhythmie. Nach 2-3 Tagen kann es zum Tod durch Atemlähmung oder Herzversagen kommen. Es gibt kein spezifisches Gegengift
Wo wächst die Herbstzeitlose?
Die Herbstzeitlose ist in Mitteleuropa heimisch und gedeiht vor allem auf feuchten Wiesen, in lichten Wäldern und Auenlandschaften. Sie bevorzugt kalkhaltige, nährstoffreiche Böden und blüht typischerweise von August bis Oktober. Die Blätter und Samen erscheinen erst im Frühjahr, während die Blüten im Herbst erblühen – ein ungewöhnlicher Lebenszyklus, der ihr den Namen „Zeitlose“ einbrachte. Die Pflanze wächst in niedrigen Lagen mit Höhen bis zu 1500 Metern.
Zu welcher Familie gehört die Herbstzeitlose?
Die Herbstzeitlose gehört zu der Familie der Zeitlosengewächse. Diese wiederum sind eine Familie in der Ordnung der Lilienartigen. Weitere homöopathische Mittel aus der Ordnung der Lilienartigen sind z.B. Lilium tigrinum, die Tigerlilie oder Veratrum album, der Weiße Germer.
Wirkstoffe:
Der Hauptwirkstoff der Herbstzeitlosen ist das für Menschen und Tiere giftige Alkaloid Colchicin. Colchicin findet sich in jedem Teil der Pflanze, vor allem jedoch in den Blüten. Aber auch in den Blättern, der Knolle und in den Samen findet sich genug Colchicin, um Vergiftungen bewirken zu können. Es kommt nach wie vor zu Todesfällen durch Colchicinvergiftungen. Da Colchicin auch im getrockneten Zustand der Pflanze erhalten bleibt, kommt es auch immer wieder zu Vergiftungen über Milch von Schafen oder Ziegen, die Heu mit Herbstzeitlosen gefressen haben. Diese Vergiftungen können zu Tumorbildungen führen.
Weitere Wirkstoffe sind das Alkaloid Demecolcin, das jedoch 40 Mal weniger giftig als Colchicin ist, das Glykosid Colchicosid und ca. 20 weitere Alkaloide.
Wirkung:
entzündungshemmend, schmerzlindernd, diuretisch (harntreibend)
Wie wird die Herbstzeitlose eingesetzt?
Colchicin wird in der Schulmedizin u.a. bei folgenden Erkrankungen eingesetzt:
akuter Gichtanfall, familiäres Mittelmeerfieber, koronare Herzkrankheit
Die therapeutische Breite von Colchicin ist gering, d.h. es kann sehr schnell zu Vergiftungssymptomen kommen, wenn die angemessene Dosierung überschritten wird
Homöopathie
Das homöopathische Mittel Colchicum wird aus der frischen, im Frühjahr geernteten Knolle hergestellt.
Leitsymptome:
Empfindlichkeit gegen Gerüche, gemeinsames Auftreten von Gelenkschmerzen und Verdauungsproblemen
Indikationen:
Gicht, Rheuma, Verdauungsprobleme wie Durchfall, Magenschmerzen und Übelkeit, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen
Modalitäten:
besser durch Wärme, Ruhe, Zusammenkrümmen
schlimmer durch Bewegung, Berührung, feuchtkaltes Wetter, nachts
Gemüt:
Gereiztheit, Niedergeschlagenheit, Überempfindlichkeit vor allem gegen Gerüche, kann so stark sein, dass es zu Übelkeit und Erbrechen kommt, aber auch empfindlich gegen Berührung und Licht
empfindlich gegen Grobheit anderer Menschen
Verbitterung und Unzufriedenheit
wählerisch, starkes ästhetisches Empfinden, schnell gestresst
Weiterlesen:
William Boericke, Handbuch der homöopathischen Materia medica
Müller-Ebeling, Rätsch, Storl, Hexenmedizin