Ende 2001 stieß ich auf das Buch von Karen Kingston: „Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags“. Ich erinnere mich noch genau, wie ich im Bett saß und las und irgendwann dem Impuls nicht mehr widerstehen konnte, aufzustehen, eine Schublade aufzuziehen und anzufangen, alles, was da drin war, rauszuholen und zu sichten.
Das war der Beginn einer Entrümpelphase, die mehrere Jahre anhielt. Nicht nur hatte ich mich irgendwann von mindestens der Hälfte meines Besitzes getrennt, nein, ich hatte überhaupt keine Lust mehr, irgendwas zu kaufen, was ich nicht unbedingt, unbedingt, unbedingt brauchte.
Die Mühe, das, was ich als überflüssig erkannte hatte, wieder mit Anstand loszuwerden, hatte sich tief in mir eingebrannt. Immer, wenn mir irgendwas gefiel und ich überlegte, ob ich es haben wollte, kam ganz automatisch der Gedanke: und wie werde ich es wieder los, wenn es mir nicht mehr gefällt? Das reichte meistens, dass der Haben-wollen-Impuls sofort verflog und ich glücklich bemerkte, dass ich das nicht brauchte.
Meine Scheidung fand auch in dieser Phase statt und ein Praxissabbatjahr, das dann schließlich zu meiner Arbeit mit Homöopathen ohne Grenzen in Sri Lanka führte. Alles kein Zufall, sondern äußerer Ausdruck von einem zunehmenden Unterscheidungsvermögen, was mir gut tut, was ich wirklich brauche und was eben auch nicht.
Seither sind ja einige Jahre vergangen und die konsequente Haltung, die ich damals gegenüber Kaufen und Habenwollen entwickelte hatte, wurde immer wieder mal weicher, entspannter, großzügiger und entsprechend füllten sich wieder Regale und Schubladen.
Ende 2019 war es dann wieder so weit: ich hatte 2 Wochen Zeit und nahm in diesen 2 Wochen fast alles, was ich besitze, mindestens einmal in die Hand.
Das Ergebnis:
- eine Fahrt mit vollgeladenem Auto zur Mülldeponie
- mehrere Säcke ausgemistete Kleider und Stoffreste, die im Altkleidercontainer landeten
- mehrere Bananenkisten voll mit noch gut tragbaren Kleidungsstücken, verwendbaren Haushaltsgegenständen und Büchern, die ich einem gemeinnützigen Second-Hand-Laden spendete
- einen kleinen Karton mit Sondermüll brachte ich zur Problemstoffsammlung
- eine schöne Strickjacke verkaufte ich, mehrere schöne Kleidungsstücke verschenkte ich.
Doch das beste Ergebnis war, dass ich sehr schnell ein Gefühl von Erleichterung, zunehmender Klarheit, mehr Entspannung, mehr Freude, mehr Energie, mehr Lebenslust verspürte. Unglaublich, was für ein Unterschied das macht! Ich brauche auch deutlich weniger Zeit für’s Aufräumen. Kein Wunder, es steht ja nicht mehr so viel rum!
Die Methode
Ausmisten ist ja inzwischen schon fast zu einem Trend geworden und es gibt verschiedene Methoden. Bei mir funktioniert das Ausmisten nach Raum oder nach Regalbrett oder nach Schublade. Ich schau mir an, was da ist, überlege, ob ich den Gegenstand entweder schön finde oder nützlich oder emotional dran hänge und entscheide dann, ob ich ihn behalte oder nicht.
Dann gibt es noch die Methode, nach Kategorien auszumisten. Also z.B. alle Schuhe, alle Unterwäsche, alle Handtücher usw. Diese Methode hat den Vorteil, dass man einen heilsamen Schock bekommen kann, wenn man z.B. sieht, wie viele Schuhe man eigentlich hat oder wie viele Bücher zu einem Thema, die man schon ewig nicht mehr gelesen hat oder wie viele leere Marmeladengläser. Mir ist das zu aufwändig, ich arbeite mich lieber Stück für Stück und Raum für Raum durch, aber das ist eben Geschmackssache.
Schwierigkeiten
Den schwierigsten Teil beim Ausmisten finde ich die Entscheidung, wie ich den Gegenstand los werde. Daran kann man echt scheitern. Es erfordert ziemlich viel Aufwand, Dinge wirklich „mit Anstand“ zu entsorgen. Einfach in den Müll schmeißen verbietet sich ja bei vielen Dingen von selbst, weil sie noch zu gut sind. Das muss man dann genau planen. Evtl. braucht man Platz zum Zwischenlagern bis zur nächsten Sperrmüllabfuhr, man muss die Öffnungszeiten von Second-Hand-Läden rausfinden, Bücherflohmärkte abwarten usw. Das kann dazu führen, dass Kisten und Tüten dann irgendwo deponiert werden und man nach einem Jahr wieder drüber stolpert und feststellt, dass sich die Dinge leider nicht von selbst entsorgt haben.
Daher unbedingt Termine für’s Wegbringen im Terminkalender festlegen und dann: machen!
Dann stellt sich auch dieses Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit ein und man hat Raum geschaffen für Neues! Raum nicht für neue Dinge, sondern für neue Erfahrungen!
Innen aufräumen
Allerdings sollte man sich darauf einstellen, dass beim Aufräumen vielleicht auch Gedanken kommen wie z.B.:“ Brauche ich diesen Job wirklich noch?“ Oder : „Tut mir diese Beziehung wirklich noch gut?“
Man kann nicht im Außen aufräumen, ohne im Inneren auch zu sortieren. Das ist sozusagen das Leckerli obendrauf, die eigentliche Belohnung für die Mühe. Und es lohnt sich in jedem Fall!
In meiner Entrümpelungsphase, die 2001 begann, kam ich irgendwann an einen Punkt, der mich ängstigte. Ich hatte das Gefühl, dass ich meinen Tod vorbereite. Das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber so empfand ich es damals tatsächlich. Ich hatte das Gefühl, okay, jetzt hab ich alles so gut aufgeräumt, dass ich auch gehen könnte. Dieses beängstigende Gefühl hielt einige Wochen an, bis mir klar wurde, dass tatsächlich ein Teil von mir bereit war, zu „sterben“. Ich hatte mich verändert, war eine andere Anne geworden. Ich hatte einen Teil meines Lebens hinter mir gelassen, der zum Teil sehr schmerzhaft war und ich war bereit für Neues! Das fühlte sich gut an und tatsächlich ereigneten sich dann viele richtig schöne Dinge in meinem Leben, die ich mir nicht besser hätte wünschen können.
Also, wie willst du starten? Mit einer Schublade? Einem Regalbrett? Einer Kategorie?
Freu dich auf die Ergebnisse, die unweigerlich kommen werden! Ganz sicher wird etwas Neues in dein Leben treten, wenn du bereit bist, Altes loszulassen.